Von hier an anders Rezension
Von hier an anders: Eine politische Skizze - Robert Habek
Auf S. 242 dieses ziemlich dicken Buchs erzählt Robert Habeck davon, wie ihn sein Vater vor Beginn des Studiums gefragt habe, ob er denn Philosoph werden wolle. Die Antwort wird im Buch nicht berichtet, aber inzwischen will Robert Habeck sicherlich Bundeskanzler oder jedenfalls Finanzminister werden.
Das sagt er in seinem neuen Buch natürlich nicht ausdrücklich. Statt dessen geht es um konkrete Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik, um Globalisierung, Landwirtschaft und europäischen Integration, und immer wieder um die Gefahr einer ideologischen Spaltung der Gesellschaft in progressive und konservative Milieus. Gegen Ende dann aber auch um politische Macht und um deren Bedeutung und verantwortungsvolle Ausübung.
Inhaltlich bewegen sich die von Habeck vertretenen Positionen sicherlich im Rahmen des neuen Grundsatzprogramms der Grünen. Alles andere wäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt wahrscheinlich politischer Wahnsinn. Dafür liest sich das Buch sehr viel leichter als ein Parteiprogramm, was schon mal ein großer Vorteil ist. Dies gelingt, obwohl Robert Habeck dem Leser durchaus die Bereitschaft abverlangt, ihm neben pragmatischen Lösungsvorschlägen und (teils etwas sehr) planvoll ausgewählten Anekdoten auch durch eine Reihe ziemlich anspruchsvoller soziologischer Analysen zu folgen.
Abgesehen von der thematischen Tour d'horizont ist das Buch vor allem wegen der sehr selbstkritischen Auseinandersetzung mit der Frage interessant, wie die eigenen Positionen dauerhaft konsensfähig gemacht werden können. Wenn man bedenkt, dass zentrale politische Veränderungen der letzten 20 Jahre wie Atom- und Kohleausstieg, Ehe für alle und doppelte Staatsangehörigkeit ursprünglich auf Forderungen der Grünen zurückgehen, ist dieses Problembewusstsein vielleicht das beste Argument für den politischen Führungsanspruch, um den es in diesem Buch natürlich vor allem geht.
Über den Autor und weitere Mitwirkende
Robert Habeck, geboren 1969 in Lübeck, war von 2004 bis 2009 Landesvorsitzender der Grünen in Schleswig-Holstein, von 2009 bis 2012 Fraktionsvorsitzender im Landtag, von 2012 bis 2018 Stellvertretender Ministerpräsident von Schleswig-Holstein und Minister für Energie, Landwirtschaft, Umwelt, Ländliche Räume und Digitalisierung. Seit 2018 ist er Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen. Bei Kiepenheuer & Witsch erschienen 2016 seine politische Autobiografie »Wer wagt, beginnt« und 2018 mit »Wer wir sein könnten« ein Buch über das Verhältnis von Politik und Sprache. Mit seiner Frau und vier gemeinsamen Söhnen lebt er in Flensburg und Berlin.
Pressestimmen
»Nicht nur deshalb empfehlenswert ist, weil es in konstruktivem Ton geschrieben ist, sondern weil es vieles von dem sichtbar macht, was der Vorsitzende und seine Partei […] vermitteln wollen.« -- Martin Schulte ― Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag Published On: 2021-02-01
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